Protestrede gegen die Deutsche Wohnen

Protest-Rede von Kotti&Co auf der Berliner Kundgebung gegen Deutsche Wohnen AG anläßlich ihrer Hauptversammlung in Frankfurt am Main am 2. Juni 2017

(siehe u.a. hier > RBB Abenschau zum Protesttag)

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Hallo zusammen!

Es ist schön, so viele Mieter/innen und Initiativen aus neun Bezirken hier beim Protest gegen die Gewinnmaximierungen der Deutschen Wohnen AG (DW) zu sehen. Das erinnert uns an eine Anekdote von der Hauptversammlung der DW im Jahr 2015. Damals waren einige von Kotti & Co als Aktionär/innen dort zu Besuch, um ein paar Fragen zu stellen.

Michael Zahn, ehemals Chef der privatisierten GSW und heutiger Chef der DW vermutete damals, dass wir doch nur ein paar Aktivistinnen aus Berlin sei

en und es gar keinen Mieter-Protest gebe. Die Mehrheit ihrer Mieter/innen habe nämlich kein Problem mit ihr als Vermieterin, im Gegenteil. Das könne man schon allein daran erkennen, dass kaum Mieter/innen gegen DW klagen.

Nun Herr Zahn, wie sich das Blatt doch wenden kann. Es kommt zum Vorschein, dass es seit Jahren um sehr viele miserable Mietverhältnisse geht. Immer mehr Mieter/innen erzählen davon und organisieren sich. Immer mehr leisten Widerstand. Wir werden immer mehr. Und wir lassen nicht locker. Denn unsere Wohnungen sind unser Zuhause und unsere dritte Haut.

Die Immobilienaktiengesellschaft verfügt über 111.000 Wohnungen in Berlin. Das sind 70 % ihres Gesamtbestandes. Damit ist DW eine der größten Wohnungseigentümerinnen Berlins. Doch was für eine?

Zu ihren Zielen gehören weder der Erhalt von Sozialwohnungen und Instandsetzungen statt profitabler Modernisierungen, noch Schutz von Bestandsmieter/innen; nein, sie erkennt noch nicht mal den sowieso viel zu hohen Mietspiegel an. Sie ist keine Vermieterin, die gesellschaftliche Verantwortung übernimmt und auch keine Partnerin für den Richtungswechsel der Mieten- und Wohnungspolitik, die sich die neue Regierung auf die Fahne schreibt.

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detlev k. von kotti&co beim lauti im gebüsch, weil das kabel zu kurz war

Das Ziel von DW ist maximale Gewinnsteigerung für das börsennotierte Unternehmen. Gewinnen werden aber nicht die kleinen Aktionär/innen, auch wenn der Aktienkurs noch steigt. Es gewinnen vor allem Investoren als Großaktionäre, die insgesamt über 33,5 % des Unternehmenskapitals verfügen und die Hauptversammlung in Frankfurt auch heute dominieren werden. Die Formel der DW lautet Bestandswachstum mithilfe von Bestandserweiterung (Ankauf) und Bestandsaufwertung.

Durch die anhaltende fiktive Überbewertung des Unternehmensvermögens und der Kapitalverwässerung stößt aber langfristig die Wirtschaftlichkeit dieses Wachstum-Wahnsinns an ihre Grenzen. Die Kohle wird durch „operative Maßnahmen“, also Mieterhöhungen und Verkauf etc. reinkommen müssen. Und am Ende erwartet uns ein weiterer milliardenschwerer Schuldenberg. 6,1 Milliarden Euro stehen nach dem Jahr 2020 zur Rückzahlung an (GB16, S. 142).[1]

Der Wohnungsbestand der DW wurde in den letzten 3 Jahren von 8,9 auf 15,5 Milliarden Euro hochgewertet; 11,8 Milliarden Euro davon entfallen allein auf Berlin! Das Mietsteigerungspotenzial gegenüber den heutigen Vertragsmieten, das dieser Bewertung zugrunde liegt, wird bei plus 24,4 % gesehen. Den Weg dahin sieht die DW in „Bewirtschaften, Entwickeln und Verkaufen“. Das bedeutet konkret: höchstmögliche Marktmieten, insbesondere durch Mieterwechsel, Wertsteigerung durch „umfassende Modernisierungsmaßnahmen“ und anschließend teurem Verkauf.

So wurde aktuell das Investprogramm für Modernisierungen von 30.000 Wohnungseinheiten von bisher schon 400 Millionen Euro auf eine unglaubliche Milliarde Euro aufgestockt. Die meisten Modernisierungsmaßnahmen sollen laut der Vorstände Philip Grosse und Lars Wittan in einem Interview im Geschäftsbericht 2016 (S. 8) hier in Berlin stattfinden.

Denn Berlin gehört zu den so genannten hotspot-Lagen, was in der Sprache der DW „Standorte mit dem größten Aufwärtspotential“ bedeutet.

Doch damit wird Berlin gleichzeitig zu einem hotspot der gesellschaftlichen Auseinandersetzung und Konflikte mit Immobilienaktiengesellschaften als neuen Eigentümertypus.

Unsere Kolleg/innen und Nachbar/innen aus ganz Berlin berichten über die Auswirkungen von diesen Profitmaximierungsstrategien, z.B. von energetischer Modernisierung oder mangelnder Instandsetzung. Wir, die Mieter/innen der Sozialwohnungen am Kottbusser Tor machen auch seit Jahren ähnliche Erfahrungen. Obwohl der soziale Wohnungsbau ein geschütztes Marktsegment sein sollte, will die DW natürlich nicht auf ihre Profite verzichten. Da die Kaltmiete nicht beliebig erhöht werden darf, sorgt die Deutsche Wohnen für exorbitante Betriebskosten: Im Gegensatz zu den durchschnittlichen 2,56 Euro pro Quadratmeter verlangt die Deutsche Wohnen am Kotti 4 – 5,50 Euro. So entstehen Warmmieten von über 11 Euro pro Quadratmeter im sozialen Wohnungsbau und das gerade in Häusern, die seit Jahrzehnten kaum instandgesetzt worden sind.

Gerade auch wegen dieser vielen schlechten Erfahrungen mit DW und der Privatisierung der GSW fordern wir als Kotti & Co schon seit langem die Rekommunalisierung dieser Wohnungsbestände.

Denn mit unserer Miete haben wir die Wohnungen schon mehrfach abgezahlt. DW hat schon an der GSW und den Sozialwohnungen verdient und kann und will offensichtlich nicht gemeinwohlorientiert wirtschaften.

Es muss schnell gehen. Denn die DW lässt sich heute in Frankfurt von der Hauptversammlung eine erneute gigantische Kapitalaufnahme von 3 Milliarden Euro (z.B. in Form von Wandelanleihen) sowie die Formumwandlung von einer Aktiengesellschaft (AG) in eine Europäische Gesellschaft (SE) abnicken. Was sie damit vorhat?

Das sagt sie nicht genau. Sie deutet nur an, dass sie besser international agieren will und der Handlungsspielraum aufrecht erhalten bleiben soll.

Hier sehen wir die Politik in der Verantwortung, einzugreifen. Warum? Weil politischer Handlungsspielraum in dem Maße verloren geht, wie Deutsche Wohnen ihren zu erweitern versucht. Wie das gehen soll?

Ganz einfach: Durch Enteignung. Das ist nach Baugesetzbuch und dem Grundgesetz sehr wohl möglich, z.B. wenn Wohnungsnot herrscht und das Gemeinwohl geschützt werden muss. Beides trifft zu. Und eines ist ganz sicher: soziale Wohnraumversorgung ist mit der DW nicht zu machen.

Wir freuen uns über den vielfältigen und lauten Protest so vieler Mietergemeinschaften gegen Immobilienaktiengesellschaften wie DW in Berlin und bundesweit.

Wir wünschen allen Mieter/innen die nötige power für den Widerstand. Wir werden gemeinsam immer stärker. Wir werden tun, was wir können. Das Gute ist: In ihrer Wachstumsberechnung hat DW offensichtlich nicht mit uns Mieter/innen gerechnet. Widerstand nervt und kann teuer werden. Er bringt einen widerspenstigen Wind in den Kurs der Deutsche Wohnen.

Jetzt muss die Politik ihre Aufgaben machen, wenn sie sich nicht bei den Immobilienaktiengesellschaften einreihen will. Denn der Pressesprecher der DW, Marco Rosteck, hat absolut Recht, wenn er auf die Frage antwortet, warum monatelang nicht instand gesetzt wird:

„Hier ist so ziemlich alles schiefgelaufen, was schief laufen kann, da gibt es nichts zu beschönigen.“ [1]

Kotti & Co / 2. Juni 2017

[1] http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0517/deutsche-wohnen-steigert-gewinn-auf-dem-ruecken-der-mieter-acht-monate-ohne-bad-051707a.htm

[1] http://ir.deutsche-wohnen.com/websites/deuwo/German/4120/geschaeftsbericht-2016.html

Bündnis der Deutsche Wohnen MieterInnen Berlin