- Die Mieten der Deutsche Wohnen (DW) sind doch gar nicht so hoch
- Gegen steigende Mieten in Berlin hilft nur Neubau
- Enteignung ist viel zu teuer
Die Deutsche Wohnen (DW) und ihre Freund*innen bei dem Verband Berlin- Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) beteuern, dass die Mieten bei der Deutsche Wohnen nur knapp über dem Berliner Durchschnitt liegen. Doch was sind das für Wohnungen, die für durchschnittlich 6,71€/m² vermietet werden? Zum größten Teil sind es Wohnungen, die in der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre gebaut wurden. Solche Wohnungen gehören zum unteren Segment und nicht zu den teureren! Die Häuser der Deutschen Wohnen sind außerdem zu einem großen Teil als Sozialwohnungen für untere und mittlere Einkommen gebaut worden. Wenn diese Wohnungen heute teurer als der Berliner Durchschnitt sind, läuft etwas massiv falsch. Das gilt für die ehemaligen Sozialwohnungen und es gilt um so mehr für die bestehenden Sozialwohnungen, die noch preis- und belegungsgebunden vermietet werden müssen – und die trotzdem viel zu teuer sind. Der Hintergrund dafür ist: die Deutsche Wohnen (DW) hat 2013 den gesamten Bestand des ehemaligen landeseigenen Wohnungsunternehmens GSW übernommen – knapp 60.000 Wohnungen. Im Bestand der GSW befand sich dabei ein großer Teil der Berliner preis- und belegungsgebundenen Sozialwohnungen. Allein am südlichen Kottbusser Tor und der angrenzenden Wassertorsiedlung in Kreuzberg besitzt die DW etwa 3.000 Sozialwohnungen aus dem ehemaligen Bestand der GSW. In all diesen Wohnungen kann die DW nur eine gesetzlich festgelegte „Sozialmiete“ fordern.
Die überdurchschnittlich hohen Betriebskosten
Wir wohnen in einer tickenden Zeitbombe
Vielen Berliner*innen ist jedoch längst klar, dass wir ohne einen radikalen Bestandschutz die Berliner Wohnungsfrage nicht sozial beantworten werden können. Jedes Jahr fallen im öffentlich geförderten Wohnungsbestand abertausende noch bezahlbare Wohnungen aus den Sozialbindungen. Allein diesen Schwund kann kein Neubauprogramm auffangen – von der Mietenexplosion auf dem freien Wohnungsmarkt ganz zu schweigen. Das ganze kann man auch schlicht „Neubaulüge“ nennen.
- Große Bestände des Sozialen Wohnungsbaus wurden unter der SPD (Sarrazin, Müller & Co) und den LINKEN verscherbelt.
- Diese wurden u.a. von profitorientierten Immobilenkonzernen wie der DW billig aufgekauft. Das war eine Enteignung der Berliner*innen. (> dazu unser Plakat von 2016)
- Die nur knapp überdurchschnittlichen Kaltmieten (!) der DW liegen zu einem großen Teil an ihrem erheblichen Bestand an Nachkriegs- und Sozialwohnungen.
- Die Warmmieten im sozialen Wohnungsbau der DW sind aufgrund von extrem hohen Betriebskosten viel zu hoch und die heimliche Profitmaximierung.
- Jährlich verliert Berlin zigtausende bezahlbare Sozialwohnungen. Der jetzige Neubau kann das nicht auffangen.
- Zahlreiche Expertenkomissionen und 2 Regierungen haben es bisher nicht geschafft, den Sozialen Wohngsbaubestand sozial und nachhaltig zu retten.
- Der Filz aus rechter SPD (u.a. der Arbeitskreis „soziale Stadt“), BBU, Immobilienkonzernen und Verwaltung verhindert bisher eine wirklich soziale Reform.
- Die innersenatliche Konkurrenz der Regierungsparteien (auch zwischen Grünen und LINKEN) eine wirkliche radikal soziale Mietenpolitik.
- Die Berliner Sozialmieter*innen sind weiterhin bedroht.
Zur Enteignung geistern sehr unterschiedliche Entschädigungszahlen durch den Raum. Bei den meisten Medien hat sich die Obergrenze der Senatskalkulation gehalten, die von ca. 36 Milliarden Euro ausgeht. „Können wir uns die Enteignung leisten?“, fragen daher viele. Die Zahl ist jedoch falsch und die Frage ist falsch gestellt. Die Entschädigungssumme nach Art. 15 Grundgesetz ist klar unabhängig vom Marktwert der Wohnungen. Der Senat rechnet auf mindestens fragwürdige wenn nicht falsche Art und Weise, legt unpassende Vergleichszahlen an und kommt so auf eine Zahl, die sich für die meisten so anhört, als könnte man niemals ein Wohnungsunternehmen enteignen.
Selbst wenn man von den Grundannahmen des Senats ausgeht und dabei konsequent bleibt, kommen wir auf höchstens 18 Milliarden Euro – die über einen langen Zeitraum gestaffelt aus den Mieteinnahmen zurückgezahlt werden. Jeder Mietshauskauf funktioniert so und da bei der Enteignung prinzipiell der Deutschen Wohnen nur das Geld zurückgegeben wird, was sie reingesteckt hat, funktioniert es genauso. Wir kennen das Prinzip – denn wir Sozialmieter*innen haben zusammen mit den verschenkten staatlichen Subventionen an private Immobilienkonzerne die Häuser schon längst mehrfach abbezahlt, die Häuser müssten also ohnehin längst uns gehören! Eine Enteignung für 1€ pro Unternehmen halten wir daher für gerade noch angemessen. Es reicht!
Oder wie es so auf einem Schild bei der tollen und riesengroßen #Mietenwahnsinndemo im April hieß: „Seid froh, dass Ihr nur enteignet werdet!“
Als Sozialmieter*innen wissen wir jedoch, dass wir für unsere Rechte nicht auf Berliner Landesregierungen warten können. Nichts wurde uns gegeben, was wir nicht ernsthaft und hartnäckig und mit langem Atem erkämpft haben.
Deswegen: auf dem Weg das Recht auf Stadt durchzusetzen, ist „Deutsche Wohnen & Co enteignen!“ genau die richtige Initiative zu richtigen Zeit. Allen Mitstreiter*innen wünschen wir viel Liebe und Kraft – und einen langen Atem!
Kotti & Co am 29.Mai 2019
PS. 1) Tage, seitdem Müller angekündigt hat, alle Deutsche Wohnen-Bestände zu rekommunalisieren zu wollen und nix passiert ist: 138 (Stand: 29. Mai 2019).
Was war 2012 die Antwort des damaligen Senators für Stadtentwicklung Michael Müller (SPD) als Sozialmieter ihm ihre Sorgen vortrugen?
c) „Ich werde versuchen, die GSW zu rekommunalisieren“
Kleiner Tip hier. 🙂
* Allein der Protest der Sozialmieter*innen am Kotti und von mieterstadt.de hat dafür gesorgt, dass zumindest die jährlichen Mieterhöhungen im Sozialen Wohnungsbau seit 2012 gestoppt sind. Vorher war es den Eigentümern gesetztlich festgeschrieben möglich, die Mieten im sozialen Wohnungsbau jährlich um 0,13€/m² zu erhöhen. Auf unseren Druck wurde 2012 für 35.000 Wohnungen und 2016 für alle 110.00 Sozialwohnungen in Berlin ein „Mietenkonzept“ eingerichtet. Damit gibt es (mit Ausnahmen) im Berliner Sozialen Wohnungsbau keine Mieterhöhungen mehr, die sonst jährlich gesetzlich vorgeschrieben sind. Bei der schwindenden Zahl der Mieter*innen, die noch in der Förderung sind, hat das ein bisschen entlastet. Aber wir protestieren am Kotti mit unserem Dauerprotesthaus, bis die Mieten sinken. Ein Mietenkonzept ist eben nur eine kurzzeitige Aussetzung und keine Reform des (un-)sozialen Wohnungsbaus. Nur ein wirklicher gesetzlicher Umbau kann dafür sorgen, dass unsere Zukunft in unseren Häusern gesichert ist. Vor diesem Hintergrund hatte sich der Berliner Senat 2016 eine Reform des Sozialen Wohnungsbaus in den Koalitionsvertrag geschrieben. Ziel sollte es sein, eine „Richtsatzmiete“ einzuführen, um zumindest die negativen Auswirkungen der alten Fördersystematik aufzufangen. Dieses Reformvorhaben ist „steckengeblieben“ und kommt seit langem nicht mehr voran. Dass von dem alten SPD/CDU Senat nicht viel zu erwarten war, wussten wir. Heute stellen wir fest, dass auch die aktuelle Regierung aus SPD, LINKE und GRÜNE nichts tut, um die Sozialwohnungen Berlins zu retten.