Ende Mai wurden wir, wie die gesamte Stadt, überrascht, als wir aus den Nachrichten von dem geplanten Deal der Berliner Regierung mit Deutsche Wohnen und Vonovia im Rahmen der Fusion der beiden Unternehmen erfahren haben. Dabei sind auch unsere Wohnungen am Kottbusser Tor genannt worden und dazu sagen wir hier etwas.
Die Fusion an sich ist ein Schritt in Richtung der Erlangung einer relativen Monopolstellung nicht nur auf dem Berliner, sondern dem bundesdeutschen Wohnungsmarkt. Der Zeitpunkt des Deals jedoch verrät viel über die aktuelle wohnungspolitische Landschaft.
Auf der einen Seite ist der Deal eine Reaktion auf die jahrelangen Mieter*innen-Proteste sowie den großen Zuspruch der Kampagne Deutsche Wohnen und Co enteignen! in der Berliner Bevölkerung und dem daraus entstehenden massiven politischen Druck für wirksame Eingriffe in den Wohnungsmarkt. Der geplatzte Berliner Mietendeckel hat diesen Druck nur erhöht. Der ‘Mietendimmer’ und sämtliche ‘Zugeständnisse’ der Unternehmen zugunsten der Mieter*innen sind nichts mehr als ein Versuch, der Fusion und der SPD im Wahlkampf einen sozialen Anstrich zu verleihen.
Auf der anderen Seite lässt die Tatsache, dass die SPD im Alleingang einen Deal mit Deutsche Wohnen und Vonovia abschließt, nur Schlimmes erahnen. Schon einmal hat ein SPD-Finanzsenator (T. Sarrazin) (gegen den Willen der Senatsverwaltung für Wohnen) einen Deal mit unseren Wohnungen gemacht, als die GSW privatisiert wurde, die später zur Deutsche Wohnen wurde.
Enteignung ist billiger
Der öffentlichen Hand wurden im Zuge des Deals jetzt 20.000 Wohnungen zu einem Preis in Milliardenhöhe zum Kauf angeboten. Es handelt sich wohl um einen Teil der 60.000 teilweise (ehemals) Sozialwohnungen, die 2006, im Rahmen der Privatisierung der GSW, für nur 450 Mio Euro verscherbelt wurden. Wenn wir nachrechnen waren das damals ca. 7.500€ pro Wohnung.
Damals hieß es, die Wohnungen müssten saniert werden und nur ein Privatinvestor könnte in die Instandsetzung der Häuser investieren. 15 Jahre später sollen die gleichen Wohnungen zum vielfachen Preis dem Land zurückverkauft werden. Instandgesetzt wurden sie nicht, aber alle Leitungen, Aufzüge, Anlagen sind 15 Jahre älter. Wenn wir mal den noch nicht bekannten Preis für die 20.000 angebotenen Wohnungen “niedrig” ansetzen und von 3 Milliarden ausgehen, sind das genau 150.000 € pro Wohnung. Vonovia/Deutsche Wohnen machen damit einen Gewinn von 142.500 € pro Wohnung nach 15 Jahren in ihrem Besitz, die außerdem noch finanziert und gebaut wurde mit öffentlichen Mitteln. Damit machen wir als Gesellschaft einen Verlust von rund 2,9 Milliarden!
Unsere Wohnungen wechseln also innerhalb von 15 Jahren zum dritten Mal die Besitzer mit einem riesigen Gewinn für den privaten Investor und riesige Verluste für die öffentliche Hand, und alles, ohne dass in sie investiert wurde.
Jetzt sollen diese Wohnungen geprüft werden, ob sie diesen Kaufpreis Wert sind. Dazu können sie uns Mieter*innen gern befragen. Wir wissen wie die Häuser von innen aussehen, wie oft im Winter die Heizungen ausfallen und im ganzen Jahr die Fahrstühle. Wir wissen wo Asbest ist und wann das letzte Mal saniert wurde (Spoiler: noch gar nicht). Diese Häuser sind über 40 Jahre alt und noch nie vernünftig instandgesetzt worden. Oder anders gesagt: die Häuser sind Schrott und verdienen höchstens einen Schrottpreis.
Aus all diesen Gründen ist der großspurig verkündete Deal ein vergifteter Deal.
Wir fordern seit 2012 die Rekommunalisierung unserer Wohnungen, denn wir wollen bezahlbare Mieten im sozialen Wohnungsbau auf Dauer. Die Rekommunalisierung ist deshalb grundsätzlich zu begrüßen – nur nicht zu jedem Preis. Nicht wenn sie heißt, dass die Landeswohnungsunternehmen, die hier kaufen sollen, für Jahrzehnte durch Verschuldung handlungsunfähig gemacht und unsere Miete erhöhen werden, um Kredite zurückzuzahlen. Nicht wenn wir weiterhin in heruntergekommenen Häusern leben müssen, weil kein Geld für Instandsetzung mehr da ist.
Auch vor diesem Hintergrund unterstützen wir das Volksbegehren Deutsche Wohnen und Co enteignen! Wenn die SPD doch mal sozial agieren möchte, dann soll sie Deutsche Wohnen und Vonovia zwingen, unsere Wohnungen zum Preis der Vergesellschaftung zu verkaufen, bzw. zu dem Schleuderpreis, den sie damals beim GSW Verkauf erzielt hat durch ihren Finanzsenator Sarrazin. Enteignet wird am Ende so oder so. Es ist aber die Frage, wer wen enteignet.
Mitbestimmung für die Mieter*innen
Wer uns kennt weiß, es geht uns nicht nur um Rekommunalisierung. Wir fordern auch weitreichende Mitbestimmung für die Mieter*innen. Unser Zuhause darf nie wieder ausverkauft werden. Wir wollen die Bewirtschaftung unserer Häuser mitbestimmen. Wir wollen mitbestimmen, welche Verträge mit welchen Dienstleistern abgeschlossen werden. Wir wollen mitbestimmen, wofür unsere Mieten verwendet werden! Horrende Betriebskosten, Outsourcing und Lohndumping sind im sozialen Wohnungsbau fehl am Platz.
Wer am Kotti kauft, kauft die Forderung nach echter Mitbestimmung mit.
Wenn uns ein Landeswohnungsunternehmen kauft, dann gibts diese Mitbestimmung nicht. Denn die Unternehmen sind Aktiengesellschaften oder GmbHs. Und dort, so zeigt die derzeitige Gesetzesnovelle zum Wohnraumversorgungsgesetz (WoVG), ist Mitbestimmung ein Tabu.
Deshalb fordern wir: wenn ihr das Kotti kaufen wollt, dann zu unseren Konditionen:
- 4,-Miete/qm nettokalt
- echte Mieter*innenmitbestimmung
- gute Instandsetzung
- Weiterführung des “Modellprojektes Kottbusser Tor”
- Offenlegung und Einsichtnahme in die “Due Dilligence”
- Offenlegung der Kaufverträge
Kotti & Co | Ende Juni 2021