Sozial geht anders. Ein Expertengremium für den Sozialen Wohnungsbau?

Können die Sozialwohnungen doch noch für Mieter mit geringem Einkommen bezahlbar werden?

kotti_sonneNach jahrelangem Drängen unterschiedlicher gesellschaftlicher Aktuere und unserem andauerndem Protest, sowie unserem Organisieren von Fachexpertise, hat der Senat nun ein „Expertengremium“ eingerichtet, dass für den Bestand der 137.000 Sozialwohnungen Lösungen vorschlagen soll.

Wir sind mit als „Experten“ eingeladen. Allerdings erweist sich das Ganze eher als Treffen der gegensätzlichen Interessengruppen, denn es sitzen auf der anderen Seite des Tisches die Eigentümerverbände und die IBB.

Vollkommen fehlen bisher Migrationsverbände (obwohl z.B. in Kreuzberg fast 80% der von Verdrängung bedrohten Sozialmieter/innen eine Migrationsgeschichte haben), die Erwerbslosen-Interessensvertretungen (obwohl klar ist, dass die hohen Mieten gerade Menschen bedrohen, die Transferleistungen beziehen, da die Jobcenter die Mieten des Sozialen Wohnungsbaus nicht mehr übernehmen.)

Nichtsdestotrotz scheint es ein erster Schritt in die richtige Richtung zu sein, dass der Senat nun gewillt ist sich dem Problem zu stellen. Dieses nicht zuletzt weil klar ist das man der Mietenexplosion und dem fehlenden „bezahlbaren“ Wohnraum für GeringverdienerInnen und TransferleistungsbezieherInnen mit Neubau allein nicht beikommen kann.

Aber – was gut klingt für alle, die das Drama mit uns seit Jahren verfolgen, erweist sich vielleicht doch als Sand in die Augen des Skandal-müden Berlins.

Damit es keine Sandmännchen-Aktion des Senats wird, sondern wir alle wach beobachten, was da für „Lösungen“ diskutiert werden, stellen wir hier dar, was auf keinen Fall fehlen darf, falls der Soziale Wohnungsbau wieder sozial werden soll:

  1. Miethöhen müssen an WAV oder Folgeverordnung gekoppelt sein. Das heißt, dass keine Kaltmiete mehr als 5,-€/qm kosten darf, wenn nicht die untere Einkommensschicht vertrieben werden soll.
  2. Keine Mieterhöhungen ohne Anheben der WAV-Sätze planen.
  3. Miteinkalkulieren der Instandhaltungs- und Verwaltungspauschalen oder Gesetzesänderung. Diese erhöhen sich alle drei Jahre um bis zu 60 Cent/qm.
  4. Bisher sind die Eigentümer sind verpflichtet, die Mieten anzuheben und Teile davon zur Rückzahlung von Darlehen an das Land zu nutzen. Das Land Berlin bekommt durch die Sozialmieten 280 Mio. € im Jahr in den Haushalt. Wir fordern daher eine Senkung der Rückzahlungsverpflichtungen an das Land Berlin > Senkung der Verpflichtungsmieten > Verlängerung der Belegungsbindungen.
  5. Miteinbeziehen der Eigentümeranteile in Lösungsvorschläge > Eigenkapitalverzinsung den marktüblichen Zinssätzen anpassen. 6,5 % sind zu hoch.
  6. Miteinbeziehen der sozial- und migrationspolitischen SprecherInnen und Migrationsverbände
  7. Miteinbeziehen von Erwerbsloseninitiativen

Momentan sind von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Mietobergrenzen ab ca. 6,-€/qm geplant. Die sollen sich auch noch um 10 Cent/qm und Jahr erhöhen.

Solche Mieten kann kein Mensch bezahlen, der unter 2000,-€ im Monat verdient. Wir sind wegen solcher Miethöhen 2011 auf die Strasse gegangen und protestieren dort seit 2012 ununterbrochen! Denn diese Mieten machen uns arm. Hier rechnen wir vor, wieviel ein Haushalt an Einkommen haben muss, damit man diese Mieten bezahlen kann, wenn die alte sozialdemokratische Vorstellung erfüllt wird, dass höchstens ein Drittel des Einkommens für die Miete draufgehen soll.

Rechnung für 3 Personenhaushalt:

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In der ASUM-Studie zur südlichen Friedrichstadt (GEWOBAG) wird festgestellt, dass 58% der Haushalte unter 2000,-€ Haushaltseinkommen haben. (S.21)

In der GESOPLAN-Vorstudie zum südlichen Kottbusser Tor (detaillierte Daten fehlen) wird festgestellt, dass 37% der EinwohnerInnen am Kotti Transferleistungen nach SGB II und XII beziehen.

Diese Studien befassen sich nur mit Häusern, die noch eine Anschlussförderung bekommen haben. 28.000 Wohnungen der 137.000 hat der Senat sowieso schon aufgegeben. Hier nehmen die Eigentümer noch höhere Mieten, obwohl sie mal Fördermittel bekommen haben. Viele Mieter/innen sind deshalb schon ausgezogen, wie eine Studie der Humboldt-Universität ermittelt hat.

Soviel erst einmal für Heute. Ob dieses „Expertengremium“ Lösungen für nachhaltig soziale Mieten im Sozialen Wohnungsbau im Bestand auf den Weg bringen wird, wie von Stadtentwicklungssenator Geisel und seinem Vorgänger Müller verkündet, wird sich erst noch zeigen müssen. Wir bleiben dran.

Kotti & Co im Dezember 2014

Eine etwas umfassendere Darstellung dieses Gremiums und der Problematik ist auch auf den Seiten des Berliner Mietervereins zu finden (Klick)