Grenfell Tower, Eigentum und Kotti & Co

Die schrecklichen Bilder des Feuers im Grenfell Tower in London, die Bilder der Toten und derer, die noch versucht haben aus dem brennenden Haus zu entkommen, gehen uns nicht aus dem Kopf. Diesmal war es kein „Terroranschlag“, diesmal waren es keine „Islamisten“. Die Todesopfer waren in erster Linie Mieter*_Innen in einem Sozialbau, also überwiegend Arme, Menschen mit Migrations- und Rassismuserfahrungen… Leute, wie wir am Kotti.

Als wir das erste Mal vom Grenfell Tower gehört und gesehen hatten, war uns klar: das sind dieselben Leute wie wir. Die Menschen, die dort wohnen bzw. gewohnt haben, ähneln uns und unseren Geschichten.

Egal, ob in London oder hier: wer es genauer wissen will und die Zeitungen und Veröffentlichungen der Betroffenen studiert, hält die Wahrheit immer weniger aus, je näher er ihr kommt.

Die Brandkatastrophe kam keineswegs plötzlich und unerwartet. Seit Jahren hatten sich Bewohner und deren Unterstützer über die Baumängel (u.a. fehlender Brandschutz) beschwert und auf Abhilfe gedrängt. Die Stadtverwaltung und die zuständigen Stellen des Staates taten das, was sie immer tun, wenn es um die Rechte von armen Menschen geht: nichts.

Wenn es aber darum geht, den Reichen immer mehr Reichtum zu verschaffen, dann wird die Stadt zu einer Maschine, die genau das macht und die die Armen bestraft. Wofür? Dafür, dass sie arm sind.

Die liberalen Medien in Großbritannien haben das längst erkannt und sehen nicht nur den Brand als Katastrophe im Kampf gegen die Armen. Es wurde deutlich, dass in London eine effektive Hilfe sehr schwierig war, weil Theresa May als ehemalige Innenministerin tausende von Feuerwehrleuten und Krankenschwestern entlassen hatte. Die fehlen natürlich, wenn es mal einen Großeinsatz gibt. Die betroffenen Berufsgruppen hatten das auch schon lange kritisiert. Die Regierung macht den Armen auch diesmal klar: zu den Entlassungen gab es keine Alternative.

Als Friedrich Engels vor 170 Jahren die Lage der arbeitenden Klasse in England untersuchte, nannte er deren Lebensverhältnisse „sozialen Mord“. Ein Schelm oder Ignorant, der in den Ursachen für den Tod im Grenfell Tower etwas anderes sieht.

Auf Plakaten, die aufgebrachte Bewohner von London auf Demos getragen haben, konnten wir lesen: „ das ist Klassenkampf!“ Hier wird also versucht, die Ursachen der Katastrophe zu benennen.

Viele bekannt gewordene Tatsachen stützen diese These. Es waren die Reichen, die in der Nähe des Sozialbaus wohnten, die eine Verschönerung des Grenfell Towers forderten. Das bisher sichtbare Elend wollten sie aus ihren eigenen teuren Eigentumswohnungen nicht mehr sehen. Die Hausbewohner*innen hingegen forderten eine Verbesserung der Bausubstanz zum Zwecke ihrer Erhaltung. Aber die Stadt war nur bereit, das Billigste tun zu lassen und die Optik anzupassen. So wurde am Wichtigsten gespart: der Sicherheit. Es gab keine Sprinkleranlagen im Haus, die einen Brand hätten löschen können. Es gab eine Verkleidung des Hauses, die nichts bewirkte als den Brand zu beschleunigen. Eine feuerfeste Verkleidung hätte nur 2 Pfund pro qm mehr gekostet. Es gab keine Brandschutztüren, die den Brand eingedämmt hätten.

Es gab schließlich nur ohnmächtige Wut und Trauer.

Das waren auch unsere Gefühle und wir müssen uns klar machen, was wir in unserem Kampf um die Senkung der Mieten im sozialen Wohnungsbau fordern und vor allem durchsetzen wollen.

Eine Rekommunalisierung unserer Häuser ist ohne eine Instandsetzung der maroden Bausubtanz unter besonderer Berücksichtigung der Sicherheit sinnlos. Die Instandsetzung ist aber schon jetzt Pflicht des momentanen Eigentümers, also der Deutschen Wohnen.

Wir müssen eben nicht erst nach Großbritannien gucken, um zu sehen, dass es lebensgefährlich ist, Wohnungen als Profitobjekte zu belassen.

Wir lernen und unser Kampf geht weiter!