Kundgebung: Beerdigung der Mitbestimmung in den Landeseigenen Wohnungsunternehmen, Beerdigung der sozialen Wohnraumversorgung?

Die Berliner SPD blockiert die Verabschiedung eines neuen Wohnraumversorgungs-gesetzes (WoVG), sperrt sich gegen die Mieter*innenmitbestimmung in den Landeseigenen Wohnungsunternehmen und rückt vom Kurs einer sozialen Neuausrichtung der Wohnraumversorgung ab. Deshalb tragen am 11. August um 11 Uhr Mieter*innen der LWU ihren Protest zur SPD-Landesparteizentrale in der Müllerstr.163 und beerdigen die Novelle des Wohnraumversorgungsgesetzes und damit die Mieter*innenmitbestimmung symbolisch bei deren Totengräbern.

Seit mehreren Jahren versuchte die rot-rot-grüne Landesregierung ein neues Wohnraum-versorgungsgesetz auf den Weg zu bringen. Seit eben so langer Zeit stellen wohnungspolitische Initiativen und Mieter*innen der LWU Forderungen zu sozialen und demokratischen Zielen auf, die dabei beachtet werden sollen. Unter Mitwirkung der Initiativgruppe der Berliner Mieterbeiräte und von Mieterräten der LWU wurde 2020 ein Vorschlag zur Novellierung des Wohnraumversorgungsgesetzes erarbeitet, der erstmals eine wirkliche Mitbestimmung der MBR in ihren. Quartieren vorsah (in dieser Dokumentation, S.26-29). Das Bündnis kommunal & selbstverwaltet Wohnen fordertedie Anerkennung selbstinitiierter Mieter*innenorganisationen in den LWU und einen Ausbau von Mitbestimmungsmöglichkeiten. Auch die Gruppe Mietenvolksentscheid forderte mehr Beteiligung und Vorgaben für höhere Quoten geförderter Wohnungen bei Bestand und Neubau der LWU.

Für deren Durchsetzung haben die Initiativen in zahlreichen Treffen mit Vertreter*innen der LWU und der Regierungskoalition geworben, zuletzt auf dem Wohnungspolitischen Hearing mit den wohnungspolitischen Sprecher*innen der drei Parteien. Dort ist, wie auch schon vorher, deutlich geworden, dass die SPD eine Novellierung des WoVG aktiv blockiert und sich vor allem gegen die Aufnahme von Möglichkeiten der Mieter*innenmitbestimmung sperrt.

Diese Blockadehaltung deutet auf eine generelle Abkehr der SPD von der sozialeren Ausrichtung der Wohnraumversorgung durch die landeseigenen Wohnungsunternehmen hin, wie sie bisher von der Regierungskoalition betrieben wurde. Sie reiht sich ein in eine Reihe solcher Schritte, wie die Berufung des mieter*innenfeindlichen Volker Härtig zum Vorstand der Wohnraumversorgung Berlin durch die SPD – gegen den ausdrücklichen Willen der Koalitionspartner. Oder das Hofieren von Vonovia und Deutsche Wohnen bei deren Fusion. Auch die Aussagen der Spitzenkandidatin der SPD, Franziska Giffey, lassen nichts Gutes für eine soziale Wohnungspolitik in einer neuen Legislatur erwarten.

Aus all diesen Gründen tragen Mieter*innen der Landeseigenen Wohnungsunternehmen ihren Unmut am 11. August, 11 Uhr, zur SPD. Auf einer Kundgebung beerdigen sie das Wohnraumversorgungsgesetz, die Mieter*innenmitbestimmung und die soziale Wohnraumversorgung, dort wo ihnen die Luft abgedreht wurde, nämlich bei der SPD.

Treffpunkt: 11 Uhr, Max-Josef-Metzger-Platz, Trauerzug zur Parteizentrale in der Müllerstr.163, Redebeiträge von: Initiativgruppe Berliner Mieterbeiräte, Bündnis kommunal & selbstverwaltet Wohnen, Mieterinitiative Mehringplatz West, Berliner Mieterverein

Die symbolische Beerdigung ist nur eine vorläufige. Auch in der nächsten Legislaturperiode werden Mieter*innen sich weiterhin lautstark für ihre Rechte einsetzen!

————————————————————————-

Wir veröffentlichen hier außerdem eine Pressemitteilung der Initiativgruppe Mieterbeiräte zum Thema:

Berliner Mietervertretungen Nebensache?

Berlin, 13. Mai 2021


Seit über 30 Jahre sind in den landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) Berlins Mietervertreter tätig, die die Interessen von Mieter*Innen gegenüber den LWU wahrnehmen. Diese Mieterbeiräte (MBR) sind ehrenamtlich wirkende, demokratisch von den Mieter*Innen für 5 Jahre gewählte Vertreter, die aus den entsprechenden Quartieren kommen. Sie kennen ihre Kieze, die Bewohner und deren Freuden, Sorgen und Probleme. Ziel der Tätigkeit der MBR ist es dabei, immer einvernehmliche Lösungen für Probleme zu finden, bei Konflikten moderierend zu wirken, aber auch offensiv die Interessen der Mieter*innen zu vertreten.
Gesetzlich erwähnt sind die MBR gegenwärtig nur mit einem Satz im Wohnraumversorgungsgesetz Bln (WoVG) aus dem Jahr 2015. Er lautet: Neben den Mieterräten können gebietsbezogene Mieterbeiräte eingerichtet werden.
Seit dem Frühjahr 2020 wurde im Nachgang zu einer Anhörung der Mieterbeiräte im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen des Abgeordnetenhauses intensiv an der Novellierung des WoVG gearbeitet, die gemäß dem Koalitionsvertrag noch vor Ende der Legislatur zum Gesetz werden soll, in dem dann auch die gesetzliche Verankerung der gleichberechtigten Stellung der Mieterbeiträte zu den Mieterräten in den LWU erfolgen soll. Es geht darum, die Mitwirkung, Mitgestaltung und Mitbestimmung der MBR im Interesse der
Mieter und der Gestaltung der Wohnverhältnisse zu garantieren und die Zusammenarbeit mit den LWU auf eine gesicherte einheitliche Stufe zustellen.
Dies scheint nun gefährdet zu sein.
Uns liegen Informationen vor, die darauf hindeuten, dass es eine Novellierung in dieser Legislatur nicht geben könnte oder sie von Kräften der jetzigen Koalition nicht gewollt ist. Die gesetzliche Festlegung von Rechten der Mitwirkung und Mitbestimmung wird von einigen nur kommerziell denkenden Entscheidungsträgern scheinbar als nicht zu duldender Eingriff in die Entscheidungsmacht gesehen. Es wird offenbar zu wenig erkannt, dass nur ein zufriedener Mieter in allen Dingen ein guter Mieter ist und Mietervertreter mit ihrem konstruktivem Herangehen an die Suche Lösungen ein unverzichtbare Hilfe dabei sind.
Wir Mitglieder der IniGr BMBR, die als ehrenamtliches Gremium aktiver  Mieter*Innenvertreter aus den Quartieren der LWU am Text der Novellierung mit inhaltlichen Vorschlägen und Formulierungen aktiv mitgewirkt haben, sind zu tiefst über die mangelnde Bereitschaft von Politik und LWU enttäuscht, sich dieser Herausforderung zu stellen. Die derzeit gültigen „Leitlinien für die Arbeit der Mieterbeiräte und die
Zusammenarbeit mit den LWU“ und andere Vereinbarungen sind zwar eine Grundlage, nach der die MBR arbeiten können; sie stellen aber keine Gleichwertigkeit einer gesetzlichen Verankerung dar, wie das für die Mieterräte geregelt ist. Die Leitlinien aus dem Jahr 2018 sind als „Gutwill“ zwischen den LWU und den Mieterbeiräten ausgelegt und garantieren erst mit der Einfügung in eine gesetzliche Regelung wie einem überarbeiteten WoVG die Ausübung von Rechten und Pflichten der LWU und der inzwischen über 100 Mieterbeiräte mit über 300 Mitgliedern.
Als Vertreter dieser Mieterbeiräte der LWU fordert die IniGr BMBR, dass die Novellierung des
Wohnraumversorgungsgesetzes Bln (WoVG) verantwortungsbewusst und zielstrebig von den
Entscheidungsträgern des Senats, den politisch Verantwortlichen und der LWU zu einen erfolgreichen Abschluss geführt wird. Solche modernen Gesetzespassagen, wie sie die Tätigkeit der ehrenamtlich tätigen Mieterbeiräten befördern und flächendeckend ausweiten sollen, stehen Berlin gut zu Gesicht, wenn die Berliner Politik die soziale Komponente der Stadtentwicklung und des Wohnens glaubhaft fortführen will.

Initiativgruppe Berliner Mieterbeiräte
IniGr-BMBR@t-online.de

Original Beitrag > Stadt von Unten > https://stadtvonunten.de/berliner-mieterinnenvertretungen-nebensache-2/