Mietsenkungen für 35.000 Haushalte erkämpft

Update 21.3.13 – Bitte lesen Sie dazu auch diesen Artikel (Klick)

Mietobergrenze und kleine Mietsenkungen – ein Teilerfolg des Protests
Wir, die Mietergemeinschaft Kotti & Co, begrüßen die gestrigen Ankündigungen vom Berliner Senator Michael Müller (Berliner Zeitung 19.12.12), in den 16 „problematischen“ Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus bei 5,50€ (2013/14) bzw. 5,70€ (2015-17) für die nächsten fünf Jahre eine Mietobergrenze zu finanzieren. Endlich werden Schritte in die richtige Richtung unternommen, um den Bestand an Sozialwohnungen für die ärmeren Mieter zu sichern.

Es ist ein Teilerfolg für unseren lang andauernden Protest am Kottbusser Tor gegen steigende Mieten im sozialen Wohnungsbau.

 5,50€ reichen nicht aus

Um unsere Verdrängung aus der Innenstadt zu verhindern, reichen diese Maßnahmen leider nicht aus. Auch Mieten von 5,50 Euro nettokalt liegen noch immer weit über den Vorgaben der Jobcenters zur Höhe der Miete. In unserer Nachbarschaft müssen weit mehr als die Hälfte der Mieterinnen und Mieter Transferleistungen beziehen. Das Jobcenter genehmigt für die Miete 4,91€. Die weiterhin klaffende Lücke zu den 5,50€ zahlen wir vom Existenzminimum des Regelsatzes der Jobcenter (374,-€). Nicht nur die Mittelschichten, sondern alle Menschen haben ein Recht auf Leben in der Berliner Innenstadt.Das Problem ist also nicht gelöst, wie wir an drei Beispielen vom Kotti zeigen wollen:

  • 1.     Eine alleinerziehende Mutter zahlt momentan 5,35€ – kann also mit einer Mieterhöhung rechnen, wenn die GSW jetzt nichts drauf legt. Falls die GSW auf 5,50€ anhebt, wäre das bei 50qm eine Erhöhung von 7,50€
  • 2.     Eine fünfköpfige Familie soll am 9. Januar 2013 zwangsgeräumt werden, da das Jobcenter die Miete nicht voll übernahm – die GSW spricht von 3,80€ kalt, die das Jobcenter noch übernehmen würde. Bis jetzt lag ihre Miete bei 5,35€. Es entsteht bei einer Anhebung der Miete auf 5,50€ dann eine Differenz von 1,70€/qm, bei 97qm sind das 145,-€ Schulden monatlich.
  • 3.     Eine andere Familie zahlt derzeit 5,96€ nettokalt. Mit der neuen Regelung fällt die Miete um 0,46€, bei 97qm sind das 44,-€ Mietsenkung.

Wir fordern weiterhin eine Mietsenkung auf 4,-€ nettokalt, wenn Verdrängung wirklich verhindert werden soll.
 
Jetzt sind die Eigentümer dran
Nach diesem ersten Schritt des Stadtentwicklungs-Senats sind nun auch die Profiteure des ineffizienten, sozial ungerechten und teuren Subventionsprogramms gefragt: Die Eigentümer der subventionierten Häuser, vor allem organisiert im Bund Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU.
Am Kottbusser Tor profitieren insbesondere die GSW und die „Admiralstraße 1-6 Grundstücks- GmbH & Co. Hausbau KG“ vertreten durch die Hermes Hausverwaltung. 38 Millionen Euro Steuergelder sichern den Eigentümern weiterhin ihre Renditen. Der dort übliche Verweis, dass der Senat die Gelder zur Abbezahlung von Darlehen verlangt, ist nun nicht mehr glaubhaft, nun müssen die Eigentümer ihren Teil zur Senkung der Sozialmieten beitragen!
Wir fordern die Eigentümer auf, insbesondere den BBU als Dachorganisation, unter seinen Mitgliedern dafür zu werben, insgesamt eine ebenso große Summe aufzubringen, wie der Senat nun ihnen dazu schießt. Das wäre nach all den Jahrzehnten staatlich garantierter Profite mit Sozialwohnungen nur recht und billig. Das schulden sie aus unserer Sicht dem Land Berlin, den Steuerzahlern und vor allem den Mietern.
Außerdem warnen wir die Eigentümer davor, die noch unter der neuen Mietobergrenze liegenden Mieten jetzt auf die neue Grenze anzuheben.

Und der Sozialsenat?
Auch Senator Czaja muss nun etwas „drauflegen“. Er legt die Höhe der Mietzuschüsse durch die Jobcenter fest und die sind mit 4,91€ noch weit entfernt von Senator Müllers 5,50€. In einem offenen Brief haben wir ihn bereits am 5.12.2012 aufgefordert,
·      die weltfremden Sätze der Kosten der Unterkunft (KdU) der Realität anzupassen.
·      die Mieten im sozialen Wohnungsbau grundsätzlich für angemessen zu erklären.
·      durch eine wirksame Härtefallregelung den Verbleib in unseren Kiezen sichern.
·      die Kostensenkungs-Aufforderungen durch die Jobcenter zurückzunehmen.

Sozialmiete für die Mittelschicht?
Wir wissen, dass unser Protest die Triebkraft hinter Senator Müllers neuesten Plänen ist. Zeitlich befristete Zusatz-Subventionen sind als Brückenlösung gegen Verdrängung unvermeidlich. Ein glaubhaftes und kohärentes Programm muss nun auch die langfristigen Ansätze ansprechen, ohne die sich nichts ändern wird. Wie ein Re-Kommunalisierungs- und Neubauprogramm auf Grundlage eines revolvierenden Fonds aussehen kann, der als Körperschaft öffentlichen Rechts haushaltspolitischen Begehrlichkeiten, Profit- und Privatisierungsinteressen entzogen wird, haben wir bereits Mitte November auf einer Konferenz im Abgeordnetenhaus skizziert.

Dabei steht fest: Verdrängung mit Neubau für „sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter“ zu beantworten zeigt eindrücklich, dass Senator Müller noch nicht die breiter werdenden Schichten im Blick hat, für deren Einkommen 6,-€/kalt bereits viel zu teuer sind und die nicht erst seit Mai auf der Strasse protestieren.

Herr Müller sagt: „Die Laufzeit des Programms von fünf Jahren ist mir wichtig, weil die Mieter dadurch genau wissen, was auf sie zukommt.“ Auch er sollte wissen, was auf ihn zukommt, nämlich heftigerer Widerstand gegen die Regierung, wenn sie die Realität in dieser Stadt nicht zur Kenntnis nehmen will.

Fünf Jahre bieten genug Zeit, um mit dem großen Sozial-Wohnungsbestand nachhaltige Modelle zu entwickeln, um den ärmeren Schichten ihr Zuhause zu sichern. Das kann nur gehen, wenn man sich traut, die Profitinteressen von Banken und Eigentümern außen vor zu lassen und gemeinnützig zu handeln.

In diesem Sinne wünschen wir allen eine schönen Jahreswechsel und freuen uns auf eine neue Politik im nächsten Jahr …

Kotti & Co